Das Auswahlverschulden (2)

Unser Vater kannte dieses Wort lange nicht, zumindest nicht im Zusammenhang von Partnerschaft, Ehe und Beziehung. “Auswahlverschulden”? Ihm wurde es mehrfach nach seiner Trennung gesagt und tatsächlich ist da was dran. Aber der Reihe nach.

 

Im Dezember 2009 hat er seine damalige Freundin geheiratet. In der Nachschau fällt es ihm zunehmend schwer ,die Gefühle von damals nachzuspüren. Es ist einfach zu viel passiert. Aber es wird wohl sowas wie Liebe gewesen sein, aber es war auch der unausweichliche nächste Schritt. Zusammenkommen, zusammen ziehen, zusammen heiraten, zusammen ein Kind bekommen.

Tatsache ist, gezwungen hat ihn keiner, es war einst sein freier Wille und seine Entscheidung diese Frau zu heiraten. Eine Frau, von der man alles bekommen kann. Im Kühlschrank wird immer die Lieblingswurst liegen, wenn man ein berufliches Seminar für mehrere Tage besucht, wird immer ein extra Schokoriegel im Proviant sein. Nur Gefühle konnte sie weder geben noch zeigen. Schon während der Ehe nicht, sie sagte mal: ”Ich gehe meinen Weg, wer nicht mitgeht bleibt zurück”! Wie recht sie hatte und wie deutlich er das noch spüren werde erlebte er 4 Jahre später.

Zuvor wurde seine erste wunderbare Tochter geboren. Natürlich per Wunschkaiserschnitt schließlich musste noch der Einkauf geplant und erledigt werden. Auch stillen war für seine heutige Exfrau kein Thema, es sei ihr alles zu nah. Es ist ja auch so viel einfacher mit dem Pulver und der Milch aus der Flasche.

Was soll er sagen, damals stand er hinter seiner Frau. Schließlich ist es ihr Körper und auch ihre Entscheidung. Für ihn bedeutete das, dass auch er seiner Tochter die Flasche geben konnte. Dies war eine wunderschöne Erfahrung für ihn.

Die Tage vergingen bis zum Sommer 2013. Seine Ehe war in die Schieflage gekommen. Er war beruflich an einen Punkt gekommen der ihn zunehmend überforderte. Es gibt ja Zeiten, in denen man jemanden braucht der einen stützt. Nun ja, seine damalige Frau ist dies sicher nicht gewesen. Sie verfing sich in der Funktionalität des Alltags, in die sie ihn voll eingespannte. An dieser Stelle bemerkt unser Vater das auch er sicherlich nicht fehlerfrei bei dem ganzen war. Letztlich hat auch er nicht deutlich genug gemacht, was er will und was er erwarte. Auch er habe sich in der Arbeit, der Funktionalität und der Gefühlslosigkeit seiner Ehe verstrickt.

Er selbst war in dem System so verfangen, dass er den klaren Blick, den er heute 5 Jahre später habe, nicht hatte. Erst als er sich aus dem System dieser Familie befreite wurde ihm klar, wie blind er war. Schließlich hat ihn seine Exfrau die gesamte Ehezeit und letztlich auch mit ihrem heutigen Ehemann betrogen.

Bereits 1976 wurde die Schuldfrage bei der Scheidung abgeschafft, halten wir uns daran. Das die Ehe gescheitert ist, ist sicher die Verantwortung von beiden gewesen. Das er diese Frau geheiratet hat ist sein “Auswahlverschulden”.

In der Trennungszeit bis heute merke er, dass sich seine Exfrau keineswegs verändert hat. Sie zeigt sich nach wie vor so, wie sie auch in Ehezeiten war. Sie geht ihren Weg, wer nicht mitgeht bleibt auf der Strecke. Ob es nun die gemeinsame Tochter ist oder der Umgang mit ihm. Sie macht, was sie will, in einer Art und Weise die nichts mit Augenhöhe oder Respekt zu tun hat.